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Serie Lehre mit Zukunft

„Das ist fast schon ein Kulturgut“

Für Wirtschaftskammer-Präsident Mahrer ist das heimische System der Lehre ein Exportschlager

von Martina Salomon

11/29/2019, 05:00 PM

Die Arbeitswelt befindet sich im Umbruch. Digitalisierung und Globalisierung stellen immer höhere berufliche Anforderungen. Besonders an unsere Jugend. Aus diesem Grund hat der KURIER die neuen und verschiedenen Formen der Lehre in einer Serie dokumentiert. Zum Abschluss befragen wir dazu Harald Mahrer, den Präsidenten der Wirtschaftskammer.

KURIER: Es gibt viele Initiativen, um das Lehrlingsproblem zu lösen. Aber offensichtlich zu wenige. Was macht da die Wirtschaftskammer? Harald Mahrer: Man muss das Thema differenziert sehen. In bestimmten Altersgruppen sind aufgrund der demografischen Entwicklung jetzt einfach automatisch weniger Fachkräfte am Arbeitsmarkt vorhanden als vor 20,30 Jahren. Das wird sich erst in 10 bis 15 Jahren stabilisieren. Das Problem ist also nicht über Nacht lösbar, auch wenn man jetzt wahnsinnig viele Initiativen setzt.

Aber was sind die Konsequenzen daraus?

Wir müssen uns mit der Fachkräftemangelproblematik einfach die nächsten Jahre dauerhaft auseinandersetzen. Dazu ist es notwendig, Werbung für Lehre zu machen. Denn man könnte im globalen Vergleich ja fast behaupten, dass die Lehre schon eine Art österreichisches Kulturgut ist.

Also etwa die duale Ausbildung in Praxis und Theorie.

Ja. Wobei die natürlich ins digitale Zeitalter geführt werden muss. Interessant ist, dass nach der Wirtschaftskrise 2008/2009 unzählige Delegationen aus der ganzen Welt nach Österreich gekommen sind, um unser Ausbildungssystem zu analysieren.

Das Interesse reicht ja sogar bis China, oder?

Unser System ist ein Exportschlager in ganz Asien. Wo immer unsere Firmen dort hingehen, implementieren sie natürlich für sich selbst aber auch für die Partnerfirmen im dortigen Ökosystem die duale Ausbildung.

Aber muss die duale Ausbildung nicht auch reformiert werden ?

Die Herausforderung ist, dass diese Ausbildung, genauso wie alles andere im technischen Bereich, Schritt für Schritt digitalisiert werden muss, um im neuen Arbeitsleben erfolgreich anzukommen. Dort setzen wir jetzt Schwerpunkte in allen Branchen. Denn Kompetenz für die Ausbildung bedeutet ja bei uns ganz stark Branchenkompetenz.

In der letzten Regierung hat Ministerin Schramböck neue Lehrberufe geschaffen. Coding zum Beispiel. Hat das schon Wirkung gezeigt?

Ja. Das hat ganz intensiv Wirkung gezeigt. Coding hat mit ganz wenigen Interessenten begonnen, jetzt haben sich im zweiten Jahr schon 400 Bewerber dafür angemeldet. Tendenz ganz stark steigend. Das ist natürlich ein attraktiver Zukunftsberuf, weil es hier unter anderem um die Programmierung von Webseiten, Software oder Apps geht.

Sie würden solche Lehrberufe natürlich auch empfehlen?

Wenn die Jugendlichen die Kompetenz dazu aber auch Spaß dabei haben, dann kann ich das nur empfehlen. Wir haben in Österreich in den technischen Berufen zurzeit einen Mangel an 10.000 Fachkräften, Tendenz steigend. Das heißt, es ist eine große Nachfrage da. Zudem sind diese Jobs gut bezahlt und zukunftssicher. Eigentlich gute Nachrichten für die jungen Leute.

Unternehmer klagen sehr über die Ausbildungsqualität an den Pflichtschulen. Und man hat den Eindruck, dass Naturwissenschaften an den Schulen nicht wirklich cool sind. Die Schule gibt da offenbar nicht wirklich die Freude an Physik, Chemie und Mathematik mit, oder?

Wir haben da sicher einen Nachholbedarf und da muss man möglichst früh ansetzen. Die Schule ist ein Bereich. Aber die Schule kann nicht mehr alles aufholen, was man vorher nicht bestmöglich gefördert hat.

Also was tun?

Ich bin ein großer Fan davon, dass man bereits in der frühkindlichen Bildung, also im Kindergarten, ansetzt. Wenn man möglichst frühzeitig Talente identifiziert und sie fördert, dann bewegt man sich zu Beginn der Volksschule schon auf einem ganz anderen Niveau. Diese Talente-Förderung muss sich dann natürlich bis in die Neue Mittelschule und die AHS-Unterstufe fortsetzen.

Man hört immer wieder, dass die Jungen oft simple Schreib-, Lese- und Rechenprobleme haben.

Ja. Das gibt es noch immer. Es wird Schritt für Schritt besser. Die Unternehmen verstehen natürlich nicht, dass sie für jene Ausbildung verantwortlich sein sollen, die eigentlich an den Schulen stattfinden müsste. Umso wichtiger ist es, diese vorgelagerten Grundkenntnisse auf ein Niveau zu heben, damit die Menschen im Alter von 14, 15 Jahren gut ausgebildet in die Betriebe kommen können.

Was unternimmt eigentlich die Wirtschaftskammer, um Talente zu fördern?

Wir geben jungen Menschen im Alter von 13 bis 14 Jahren die Möglichkeit, sich bestmöglich zu orientieren. Wir haben vor einigen Jahren die Talente-Checks eingeführt. Die gibt es in Österreich fast flächendeckend. 85 Prozent der Jahrgänge absolvieren die auch schon. Wir haben heuer im Herbst den Talente-Check Nummer 500.000 in Österreich gehabt. Die Jugendlichen testen in den Centern mit ihren Lehrerinnen und Lehrern, was sie am meisten interessieren könnte oder wofür sie die besten Begabungen mitbringen. Es muss nicht jeder Atomphysiker werden. Es geht einfach nur um Förderung. Wenn jemand musische Begabungen hat, ist das genauso hervorragend. Denn solchen Begabte braucht die Gesellschaft genauso.

Aber ist es nicht auch so, dass immer mehr Unternehmen keine Lehrlinge ausbilden wollen?

Wir haben mehrere Effekte gehabt. Der demografische Effekt hat wie schon gesagt dazu geführt, dass in Summe weniger Lehrlinge ausgebildet wurden, weil einfach weniger junge Menschen da sind. Zusätzlich haben sich viele Firmen zurückgezogen, weil das Schulsystem in der Grundausbildung an Niveau verloren hat. Und für viele Unternehmen waren und sind die Auflagen für die Lehrausbildung nicht ganz einfach zu bewerkstelligen. Zusätzlicher bürokratischer Aufwand und damit verbunden zusätzliche Kosten für die Administration haben die Neigung zur Ausbildung nicht unterstützt. Aber in den vergangenen beiden Jahren haben wir eine leichte Trendumkehr registriert. Wir sehen wieder ein sanftes Ansteigen der Lehrlingszahlen.

Und was sind die Ursachen dafür?

Viel interne Arbeit, viel positive Werbung und der Fachkräftemangel. Durch diesen Mix übernehmen die Unternehmen wieder mehr Verantwortung in der Ausbildung und unterstützen junge Menschen auf ihrem Karriereweg. Wir werden heuer vermutlich wieder plus zwei Prozent mehr an Lehrlingen haben. Das sind gute Nachrichten.

Wie kann man Migranten besser einbinden?

Wir analysieren das sehr genau. Es gibt natürlich sehr viele traditionelle gewerbliche Lehrberufe, die, wenn man so will, auch viel mit traditionellem österreichischen Kulturgut zu tun haben. Denken wir etwa an Berufe wie den Konditor. Und dort ist natürlich der Strom derjenigen, die sozusagen einen „österreichischen Background“ haben, hin ein höherer. Aber wir haben jetzt eine Reihe von neuen Lehrberufen im technischen Bereich. Ich gehe davon aus, dass sich hier sozusagen die Durchmengung mit Migranten langsam aber sicher verbessern wird.

Muss die nächste Regierung dafür sorgen, dass die Lehre nach Matura flächendeckend angeboten wird?

Das ist keine Frage, ob die Regierung dafür sorgen muss. Wir haben ein System erfunden, das heißt duale Akademie. Das System ist für diejenigen da, die nach der Matura feststellen, dass eine Fachhochschule oder eine Universität nicht das Richtige für sie ist und sie doch lieber ein Stückchen in die Praxis gehen wollen. Das ist eine zeitlich reduzierte Möglichkeit, die Lehre zu machen.

Es gibt dazu ja schon ein erstes Pilotprojekt. Wie sind die Erfahrungen?

Wir haben ein erstes Pilotprojekt in Oberösterreich durchgeführt und das ist extrem gut angekommen. Das wollen wir flächendeckend anbieten. Dafür brauchen wir eine gute Kooperation mit dem Arbeitsmarktservice. Denn da muss es eine finanzielle Unterstützung geben, weil es da um junge Menschen geht, die ein anderes Alter haben und die am Anfang schon etwas verdienen müssen.

Hinweis: Die Serie wurde in Kooperation mit der WKÖ aber unter redaktioneller Unabhängigkeit publiziert. Wir bedanken uns bei den Jugendlichen, ihren Eltern und den Unternehmen für die Mitwirkung.

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